„du grünst nicht nur zur Sommerszeit“

„du grünst nicht nur zur Sommerszeit“

Bereits die mittelalterlichen Zünfte, Gilden usw. hingen in der Zeit vor Weihnachten auf (Laub-)Bäume kleine Geschenke, die sie vor oder in ihren Geschäftslokalen aufstellen, um damit die Not der Bevölkerung zu lindern. Belege gibt es jedoch, dass schon Ende des 16. Jahrhunderts im Elsass Bäume mit Äpfel, Hostien und buntem Papier geschmückt wurden, auch wenn man am Hof des Sonnenkönigs Ludwigs XIV. bis ins Jahr 1708 noch nichts vom Christkind gehört hatte. Immergrüne Pflanzen wurden als Zauberpflanzen geschätzt. Sogar Hildegard von Bingen (1098-1179) war von der schützenden Wirkung der Tannenzweige überzeugt. Große Verbreitung des Christbaums ging von Martin Luther (1483-1546) aus, der die Krippenspiele ablehnte und das Wort der Bibel in den Fokus rückte: Mit dem Vorlesen der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium, Weihnachtsliedern und einem Weihnachtsbaum. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelangte der Weihnachtsbaum nach Wien. Der uns bekannte Christbaum kam im Zuge der gesellschaftlichen Aufwertung der Familie und der Kindheit und der damit verbundenen Pädagogisierung in der Biedermeierzeit in die bürgerlichen Haushalte. Im Laufe des 19. Jahrhunderts verbreitete sich der Brauch bis in die ländlichen Gegenden.
Es wurde aber immer wieder versucht diesen „heidnischen Brauch“ zu beenden, nicht zuletzt mit dem Argument, dass man dem Wald schaden würde. In tief katholischen Regionen reichte die Ablehnung des heidnischen, bzw. protestantischen Baumes bis ins 20. Jahrhundert hinein.

Quelle:
Institut für Historische Theologie, Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie, Universität Wien
Steinbacher, Dorothea, Wenn‘s draußen finster wird. Bräuche und Legenden für die Winterzeit, München 2020, 124ff.
Foto: Kaspar Obermayr, ohne Datierung